Welchen Einfluss haben Gliedertaxe und Progression bei Unfallversicherungen?
Invaliditätsgrad
Der Invaliditätsgrad wird bestimmt durch die sog. Gliedertaxe. Verlieren Sie durch einen Unfall den linken, kleinen Zeh, wird ihre dauerhafte körperliche Benachteiligung geringer eingestuft als wenn Sie bei einem Unfall auf beiden Augen erblinden. Und das hat Folgen für die Höhe der ausgezahlten Invaliditätsleistung.
Außerdem determiniert noch die vereinbarte Progressionshöhe die Höhe der Auszahlung. Die Progression ist gewissermaßen ein i.d.R. nicht-linearer Faktor, mit dem der Invaliditätsgrad multipliziert wird.
Ein einfaches Beispiel
Sie schließen eine Unfallversicherung mit einer Grundsumme von 100.000 € ohne Progression ab (in diesem Fall beträgt die Progression 100% bzw. der Faktor hat konstant den Wert 1). Bei einem Unfall verlieren Sie bedauerlicherweise das Gehör auf einem Ohr.
In ihren Vertragsbedingungen ist in der Gliedertaxe hierfür ein Invaliditätsgrad von 30% taxiert, Sie erhalten daher 30% der Versicherungssumme mal Faktor 1 – also 30.000 €.
Gliedertaxe
Die Gliedertaxe wird von den Versicherern selbst für jeden Tarif einzeln festgelegt. Folglich kann es zu teilweise signifikanten Unterschieden betreffend die Höhe des Invaliditätsgrades kommen. So wird beispielsweise die vollständige Bewegsunfähigkeit oder der Verlust eines anderes Fingers als Daumen oder Zeigefinger bei ein und dem selben Versicherer im „Basistarif“ mit einem Invaliditätsgrad von 5% bewertet, im „Premiumtarif“ jedoch mit 20%. Lässt man eine potenziell vereinbarte Progression zunächst unberücksichtigt, ist die Versicherungsleistung aus dem höherwertigen Tarif also vier mal höher.
Daher sollte man darauf achten, berufsspezifische Fertigkeiten bei der Anbieter- und Tarifwahl zu berücksichtigen. Ein Koch, der seinen Geschmackssinn verliert, war vielleicht nicht gut beraten, wenn sein Vertrag beim Verlust der Stimme besonders Hohe Leistungen beinhaltet.
Progression
Wie bereits erwähnt ist die Progression ein vertraglich vereinbarter Faktor, der die Invaliditätsleistung erhöht. Der Grundgedanke ist hierbei, besonders schwerwiegende Beeinträchtigungen höher zu entschädigen, da in solchen Fällen auch die Folgekosten erheblich höher sein können.
Wie im Fall der Gliedertaxe bestimmen auch hier die Versicherer selbst, wie sie die Progressionsverläufe in ihren einzelnen Tarifen festlegen. Und auch hier gibt es signifikante Unterschiede. Der Normalfall bei allen Versicherern ist, das gleich, welche Progressionshöhe vereinbart wurde, der Progressionsfaktor bei Invaliditätsgraden bis 25% gleich 1 ist. Sprich, bei einem Invaliditätsgrad von beispielsweise 20% werden auch 20% der Versicherungssumme geleistet.
Danach erhöhen sich die Leistungssummen. Bei einer vereinbarten Progression von 350% ist der Standardfall, dass Invaliditätsgrade zwischen 26-50% dreifach entschädigt werden und Invaliditätsgrade ab 51% fünffach.
Standardprogressionstabelle 350%
Invaliditätsgrad 1 | Progressionsgrad |
---|---|
1% | 1% |
2% | 2% |
... | ... |
25% | 25% |
26% | 28% |
27% | 31% |
... | ... |
50% | 100% |
51% | 105% |
52% | 110% |
... | ... |
100% | 350% |
Es gibt abweichend von diesem Beispiel aber auch noch weitere Progressionstabellen, die schneller steigende Verläufe haben und meist ein „Plus“ oder „Premium“ im Namen tragen.
Gliedertaxe & Progression
Bei der Ausgestaltung einer Unfallversicherung hinsichtlich Gliedertaxe und Progression sollten Sie ihre persönlichen Bedürfnisse im Blick haben. Sind Sie beispielsweise beruflich besonders auf Hände und Finger angewiesen, ist die Wahl eines Tarifes ratsam, der genau in diesem Bereich höher leistet. Ein Beispiel: Es gibt Tarife, die den unfallbedingten Funktionsausfall eines Zeigefingers mit einem Invaliditätsgrad von 10% bemessen, es gibt aber auch Premiumtarife, die einen Invaliditätsgrad von 100% zu Grunde legen. Bei der o.g. Progression von 350% hätte das bei einer Grundversicherungssumme von 100.000 € zur Folge, dass der erste Tarif eine Leistung von 10.000 € erbringt, der zweite jedoch eine in Höhe von 350.000 €.